Baden in Baden zur Kaiserzeit und danach

„Über den Gebrauch der Schwefelbäder und der Schwefel-Trinkkur in Baden bei Wien“ aus den ärztlichen Briefen vom Kurarzt Dr. Josef Hoffmann, 1905

Schwefelwasser als Bade-, Trink-, und Inhalationskur

Trinkkur: Das Schwefelwasser getrunken erleichtert die vom Schleim erschwerte Brust; dienet der Leber/Magen/kaltem und flüssigem Gedärm/dienet den Weibern/bringet wieder die verlorene Gedächtnis. Durch die Trinkkur werden Gase aus dem Magen entfernt. Beim internen Gebrauch des Schwefelwassers erfolgt – nach Abfuhr überlriechender Gase – eine bequeme Entleerung und eine Befriedigung stellt sich ein. Neben der Trinkhalle wurde ein Spülraum geschaffen – für Nasenduschen und Gurgelungen des Thermalwassers.

Wissenswertes: 14 Bäder gibt es, die von Natur aus verschieden temperiert sind. Alle Tage wird das Bad zweimal abgelassen und gesäubert. Das Schwefelwasser wirkt am besten in den Monaten Junio/Julio/Augusto und September

Badekleidung

In Badekleidern sitzt man auf den Erhöhungen im Becken, innerhalb des Beckens sind auch Staffeln und Bänke geordnet, darauf man steigen und gleichfalls bis an den Hals im Bade sitzen kann. Das junge Volk und die Kleinwüchsigen tragen hölzerne Pantoffeln. Es wurde den Damen empfohlen, vor dem Bad ihren Schmuck abzulegen, denn Metall leidet im Schwefelwasser und wird schwarz, Gold bleibt unberührt. Aus dem Grund waren alle Riegel und Bande an den Türen aus Holz gemacht.

Kurmethode

Vor dem Bad ist eine Schale Milch oder ein lichter Kaffee mit einem Brötchen zu empfehlen, nach dem Bade geht es zur elektrischen Ordination. Die Bäder sollten in rascher Aufeinanderfolge genommen werden. Was das Schwitzen betrifft: Erst Einwirkung des Thermalbades, dann lassen sich die Patienten mit erwärmten Tüchern abreiben, werden in einen Wust von warmen wollenen Kleidern umhüllt und müssen im Bette nachschwitzen. Es stellte sich heraus, daß die Wirkung von wechselnden Bädern mit unterschiedlicher Temperierung positive thermale Reize auf die Blutzirkulation und das Nervensystem hatte.

Wirkung des Schwefels

Die Schwefelbäder beschleunigen den Blutkreislauf in den Venen. Sie bringen die geschwollenen Bronchialdrüsen zur Abschwellung. Das Schwefelwasser wirkt sich positiv auf Patienten mit Lufthunger und starker Atemnot aus. Durch Inhalation soll der Schleim aus den Bronchien leichter herausgebracht werden.

Anwendungen des Schwefelwassers

  • bei Stauungen im Stromgebiet der Pfortader
  • zur Herstellung eines ungestörten Gallenabflusses
  • zur Darmdesinfizierung
  • bei einer Schrumpfniere

Der Kurarzt betreute teilweise die Patienten soweit, daß er mit ihnen gemeinsam badete. Er verpflichtete sich, die Patienten nicht aus dem Auge zu lassen.

Ein Patient badete 59mal ununterbrochen, er erzielte ein behagliches Dasein und blieb noch mehr als ein Jahrzehnt ein treuer Anhänger des Kurortes Baden.