Karlovy Vary

und die Great Spas of Europe

Karlovy Vary (ehem. Karlsbad) liegt etwa 130 Kilometer westlich von Prag in einem bewaldeten versteckten Tal. Gemeinsam mit Frantiskovy Lázně und Marianske Lázně bildet Karlovy Vary das westböhmische Bäderdreieck und ist nach Bath die zweit größte Kurstadt Europas. Die Kurstadt befindet sich in einem engen tief eingeschnittenen Tal des Flusses Teplá, in dessen Umgebung mehr als 80 Quellen entspringen. Teplá bedeutet "warm", denn der Fluss wird durch zahlreiche Thermalquellen erwärmt und friert auch im strengsten Winter nicht zu.

Gegründet wurde dir Kurstadt durch den römisch-deutschen Kaiser Karl IV wahrscheinlich um 1358. Benannt nach seinem Gründervater, war Karlsbad seit dem späten 15. Jahrhundert über die böhmischen Grenzen hinweg als Kurort bekannt. Die Kur fand zu dieser Zeit entweder direkt an den Quellen, in ausgewiesenen Kureinrichtungen oder in privaten Holzbadewannen statt, die sich früher in fast jedem Haus im Erdgeschoss befanden. 1620 empfahl Dr. Johann Stephan Strobelberger erstmals die Trinkkur als medizinische Anwendung. In keiner anderen Kurstadt nahm die Trinkkur eine vergleichbare Bedeutung an. Noch heute bildet die Verschreibung des Heilwassers als Trinkkur die wichtigste Kurbehandlung in Karlovy Vary

Dies wird deutlich in den zahlreichen Kolonnaden des 19. Jahrhunderts, wo die heißesten Quellen hochmineralisiertes kohlensäurehaltiges Wasser liefern, das seit Jahrhunderten täglich von Besuchern und Kurgästen genossen wird. Ein besonders Vermächtnis ist der Kurbecher mit seiner besonderen Trinköffnung, die speziell zur Kühlung des heißen Quellwassers vor dem Trinken entwickelt wurden und um die abgesetzten Mineralien vom Boden des Bechers besser trinken zu können.

Trotz der Zerstörungen durch Brände im 17. und 18. Jahrhundert wuchs die Stadt rasant an. Dabei erhielt sie ein ausgedehntes Kurviertel, welches deutlich vom Verwaltungs- und Geschäftsviertel der Stadt getrennt war. Sein zentraler Boulevard erstreckt sich über etwa zwei Kilometer – vom majestätischen Grandhotel Pupp am südlichen Ende, zum Elisabethbad am nördlichen Ende. Karlovy Vary erlebte ihr Goldenes Zeitalter ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Zahl der Kurgäste verdreifachte sich zu dieser Zeit durch den Anschluss an das europäische Eisenbahnnetz. Neue Hotels, Kurhäuser sowie Badehäuser und Sanatorien folgten dem wirtschaftlichen Aufschwung.

Auch architektonisch entwickelte sich Karlovy Vary weiter und zahlreiche exquisite Beispiele des Historismus und des Jugendstils entstanden. Unter den Architekten und Bauherren ragte das Schaffen zweier Wiener Architekten, Ferdinand Fellner und Hermann Helmer besonders hervor. Sie entwarfen für Karlovy Vary etwa zwanzig markante Bauwerke, einschließlich mehrerer Kolonnaden, wie die Parkkolonnade von 1884 und die Markt Kolonnade von 1883. Das Stadttheater wurde 1884 bis 1886 an der Stelle des ehemaligen klassizistischen Theaters errichtet. Der neobarocke Bau von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer besitzt ein ganz besonderes Detail, denn die Wandmalereien und handbemalten Vorhänge stammen von den österreichischen Künstlern Gustav Klimt und Franz Matsch.

Bekannt als größter „Freiluftsalon Europas“, empfing Karlsbad fürstliche Familien, europäische Staatsoberhäupter, den Hochadel und prominente Künstler. Unter den Gästen befanden sich Mitglieder des österreichischen Kaiserhofes, darunter Fürst Klemens Wenzel Lothar von Metternich, österreichischer Kanzler, Otto von Bismarck sowie der russische Zar Peter der Große. Goethe nannte Karlovy Vary einst das Schachbrett Europas und spielte damals auf die politische Bedeutung des Ortes als Treffpunkt zahlreicher Machthaber an. Denn Goethe war nicht nur zahlreiche Male in Frantiskovy Lázně zu Besuch, sondern ebenso in Karlovy Vary. Insgesamt verbrachte er fast drei Jahre seines Lebens dort. Er pflegte zu sagen, dass Karlovy Vary der einzige Ort auf der Welt sei, an dem er bereit war, abseits von Weimar und Rom zu leben.

Heute präsentiert sich Karlovy Vary, als eine Stadt mit reichem kulturellem und natürlichem Erbe. Die historischen Kurgebäude sind weiterhin in Betrieb für balneologische Behandlungen und die Kurstadt besticht noch immer durch die Schönheit der umgebenden Kurlandschaft. In kaum einer anderen Kurstadt ist die Tradition so offenkundig zu bestaunen, wie in den schönen Kolonnaden, in denen Tausende von Tagesbesuchern mit den traditionell geformten Porzellanbechern flanieren.

(Von Isabelle Mühlstädt, Stabstelle Welterbebewerbung und Stadtgestaltung Baden-Baden)

Bildunterschrift: Die neoklassizistische Mühlenkolonnade wurde 1869 bis 1881 nach Plänen des Prager Architekten Josef Zítek erbaut.

Bildquelle: Tourist Information Centre Karlovy Vary